StadtwerkeGespräch

Die Freiberger Fernwärme in der aktuellen Energielage

25. Juli 2022  Sylvia  Fiedler Sylvia Fiedler

Ukrainekonflikt, Inflation, Pandemie, Energiewende – da reihen sich für uns alle viele Krisen und Herausforderungen aneinander. Die aktuelle politische Lage hat den Einfluss auf den ohnehin schon angespannten und unbeständigen Energiemarkt verstärkt. Fakt ist, die Energiewelt ist nicht erst seit dem Ukraine-Krieg in einem erheblichen Wandel.

Wir versorgen in Freiberg ca. 11.000 Wohnungen mit Fernwärme. Bereits seit Ende letzten Jahres kennen die Preise an den Beschaffungsmärkten nur eine Richtung: steil nach oben. Das wirkt sich auch massiv auf die Fernwärme in Freiberg aus.

Erst kürzlich sagte Bundeswirtschaftsminister Habeck „Wir werden weiter mit höheren Preisen rechnen müssen [...] das sei die bittere und die harte Wahrheit.“ Auch die steigenden Fernwärmepreise in Freiberg beschäftigen aktuell viele Freiberger.

Fernwärme hat viele Vorteile und punktet in Sachen Komfort. Ein Dreh am Heizkörper genügt, um das Wärmebedürfnis zu regulieren. In den Neubauwohnungen kommt sie direkt aus der Heizung, in Einfamilienhäusern genügt eine kleine Therme. Das Heißwasser ist jederzeit verfügbar. Und durch den hohen Kraft-Wärme-Kopplungsteil in Freiberg wird der Primärenergieträger Erdgas effizienter genutzt und die CO2-Emissionen sind geringer im Vergleich zur getrennten Erzeugung von Strom und Wärme. Doch all das rückt mit den derzeitigen Gegebenheiten und Entwicklungen in den Hintergrund.

Wie hat sich der Preis entwickelt?

Tatsache ist, dass der Arbeitspreis in der Fernwärme vom 2. Quartal 2021 zum 2. Quartal 2022 um mehr als 260 % gestiegen ist. Der Gaspreis an der Börse stieg in dem Zeitraum um mehr als 420 %.

Die Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben weltweit auf den Energiemärkten zu umfangreichen Verwerfungen geführt. Dennoch waren die Energiepreise zuvor schon erheblich gestiegen. Nachdem sich die Märkte und unsere Wirtschaft von der Corona-Pandemie erholten, hat der Krieg für weitere wirklich dramatische Preiserhöhungen gesorgt, insbesondere bei Gas, Öl und Kohle sowie den Emissionszertifikaten.

Der massive Preisanstieg an den Beschaffungsmärkten hat deutliche Auswirkungen auf die Freiberger Fernwärmepreise. Diese haben sich drastisch und unmittelbar erhöht. Von Mitte 2019 bis Ende 2020 waren die Preise infolge der Coronapandemie auf historisch niedrige Werte gesunken. Mit der sich abzeichnenden Normalisierung der Pandemielage, steigen die Preise seit Anfang 2021 an den Energiemärkten stark an.

Auf die Kostensteigerungen an den weltweiten Energiemärkten haben wir keinen Einfluss. Die höheren Preise verteuern die Wärmeerzeugung deutlich. Deshalb schlägt die Preisentwicklung an den Gasmärkten unmittelbar auf die Freiberger Fernwärmepreise durch.

Wie erfolgen Preisanpassungen?

Der Wärmepreis ergibt sich – wie bei Strom und Erdgas auch – aus Grund- und Arbeitspreis, wobei der Grundpreis derzeit die spezifische Gesamtpreiserhöhung dämpft.

Die Anpassungen der Fernwärmepreise in Freiberg erfolgen nach transparenten Regeln der gültigen Verträge mit Preisänderungsklauseln. Die Preisänderungsklauseln sind entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und den individuellen Vereinbarungen mit den Kunden so ausgestaltet, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen.

Die in den Preisänderungsklauseln verwendeten Indizes bilden sich auf der Grundlage unserer Kosten für Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme. Entsprechend den Veränderungen der Indizes, ändern sich somit auch die Fernwärmepreise. Damit wird der Marktentwicklung unmittelbar gefolgt. Sowohl sinkende Preise als auch steigende Preise, wie man sie derzeit im Markt sieht, werden zeitnah widergespiegelt.  Wir informieren unsere Kunden monatlich bzw. quartalsweise über diese Änderungen.

Wie ist das in anderen Städten?

Ein Vergleich ist zu einem isolierten Zeitpunkt kaum aussagekräftig. Jeder Versorger hat individuelle Erzeugungstechnologien, die in den jeweiligen Preisänderungsklauseln abgebildet werden. Zudem unterscheiden sich die Preisänderungsregelungen, wie etwa die Anpassungszeitpunkte oder die Zeiträume, für die die Indizes bei Anwendung der Preisänderungsklausel berücksichtigt werden. Teilweise werden zudem für CO2-Kosten separate Preisbestandteile verwendet.

Letztlich wird die Verteuerung der Energieträger, das heißt der eingesetzten Brennstoffe, überall zu drastischen Preiserhöhungen für Heizenergie führen. Bei vielen Anbietern in Deutschland verteuern sich die Wärmepreise zur Zeit deutlich, alle andere werden nach und nach folgen.

Beim Vergleich der Preise ist aber der jeweils eingesetzte Primärenergieträger zu berücksichtigen. Aufgrund der politischen Entwicklungen hat sich der bisher als absolut sicher und preiswert beschaffbare Energieträger Erdgas als Schwachpunkt herauskristallisiert. Aufgrund der bestehenden Infrastruktur unseres Heizkraftwerkes sind Änderungen des einzusetzenden Brennstoffes nicht kurzfristig möglich.

Was können Fernwärme-Nutzer jetzt tun?

Einsparen! Wie derzeit überall in den Medien kommuniziert, ist das Energiesparen in vielerlei Hinsicht maßgebend. Mit der steigenden Inflation und den dramatischen Preisentwicklungen am Energiemarkt und auch im Hinblick auf den kommenden Winter ist das Thema des Energiesparen derzeit im Fokus. Fakt ist, wenn kleine Maßnahmen kontinuierlich befolgt werden, lässt sich in Summe einiges an Energie sparen.

Die meiste Energie wird für das Beheizen der Räumlichkeiten in der Heizperiode verwendet. Jedes eingesparte Grad Raumtemperatur spart ca. 6 % Energie. Jedes Grad mehr verbraucht auch mehr Energie.

Die Thermostatventile steuern die Heizung, aber anders als oftmals angenommen: eine höhere Stufe heißt nicht, dass es "schneller warm" wird. Die Heizung wird lediglich so lange heizen, bis die gewünschte, das heißt eingestellte höhere Raumtemperatur erreicht ist – schnell vergessen wird dabei auch wieder herunterzuregeln, sobald es angenehm warm ist. Somit wird es wärmer als notwendig. Als Faustregel gilt, "Stufe 3" – das entspricht etwa 20 Grad Raumtemperatur.

Kontrollieren Sie die Raumtemperatur mit Thermometer. Auch sollten die Heizkörper nicht verstellt oder abgedeckt werden. Die Luft muss frei um die Heizung und in den Raum hinein zirkulieren können.

Außerdem sollten Sie gegebenenfalls Ihre Betriebskostenvorauszahlungen oder Abschläge erhöhen, denn aktuell ist eine Entspannung der Lage nicht absehbar.

Wie sieht die Zukunft aus?

Der Primärenergieträger der Freiberger Fernwärme ist derzeit Erdgas. Erneuerbare Energien können durch Photovoltaik und thermische Solaranlagen in Zukunft einen wachsenden Anteil an der Freiberger Fernwärme erreichen. Geothermie wiederrum ist derzeit keine wirtschaftliche Option. Zudem wird die Geothermie derzeit unzureichend gefördert.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien reduziert zwar die Abhängigkeit von fossilen Energien, jedoch erfordert sie auch sehr hohe Investitionen. Dies führt langfristig zu einem deutlich steigenden Anteil der fixen Preisbestandteile und nicht zwingend zu ähnlich niedrigen Preisen wie in der Vergangenheit.

Perspektivisch könnte der Ausbau der erneuerbaren Energien zu einer Stabilisierung der Fernwärmepreise beitragen. Gleichzeitig wird damit die Abhängigkeit von stark schwankenden Preisen fossiler Energieträger reduziert.

Bitte seien Sie versichert, dass wir, die Stadtwerke Freiberg, bereits an einem zukunftsweisenden Alternativkonzept arbeiten. Fernwärme kann sehr wohl eine Lösung für klimaschonendes Heizen in der Zukunft sein. Die Wärmewende, also die Energiewende im Wärmebereich, trägt ganz entscheidend zum Gelingen der Energiewende im Ganzen bei. Und die Fernwärme ist ein überaus wichtiger Baustein der Wärmewende.

so Axel Schneegans, Vorstandsvorsitzender.

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